1. Bei der Vergabe des Merkzeichens "B" an Kinder sind die selben Kriterien wie bei Erwachsenen mit den gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend.
2. Bei einem schwerbehinderten Kind, bei dem bereits die Voraussetzungen für das Merkzeichen "H" vorliegen und das an Mukoviszidose leidet, ist die Vergabe des Merkzeichens "B" deshalb gerechtfertigt, da das Kind an unkontrolliert auftretenden Hustenattacken, auch mit Blaufärbung, leidet und deshalb bei der Benutzung - vergleiche mit einer Anfallskranken - von öffentlichen Verkehrsmitteln auf fremde Hilfe angewiesen ist.
1. Bei der Vergabe des Merkzeichens "B" an Kinder sind die selben Kriterien wie bei Erwachsenen mit den gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend.
2. Bei einem schwerbehinderten Kind, bei dem bereits die Voraussetzungen für das Merkzeichen "H" vorliegen und das an Mukoviszidose leidet, ist die Vergabe des Merkzeichens "B" deshalb gerechtfertigt, da das Kind an unkontrolliert auftretenden Hustenattacken, auch mit Blaufärbung, leidet und deshalb bei der Benutzung - vergleiche mit einer Anfallskranken - von öffentlichen Verkehrsmitteln auf fremde Hilfe angewiesen ist.
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob bei der Klägerin die medizinischen Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" gegeben sind.
Die am 1999 geborene Klägerin leidet an Mukoviszidose.
Am 04. September 2001 beantragte die Klägerin die Anerkennung einer Behinderung. Der ehemalige Beklagte, das Saarland, vertreten durch den Direktor des Landesamtes für Jugend, Soziales und Versorgung, forderte einen Befundbericht der Ärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Dr. L.S., N., vom 19. September 2001 an, dem ein Kurzbrief des Prof. Dr. D., Universitätskliniken des Saarlandes, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Mukoviszidose(CF-) Zentrum H., beigefügt war.
Mit Bescheid vom 07. November 2001 stellte der damalige Beklagte bei der Klägerin einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 sowie die Voraussetzungen des Merkzeichens "H" fest.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 20. November 2001 Widerspruch ein mit der Begründung, ihr stehe das Merkzeichen "B" zu. Die Klägerin reichte einen weiteren Befundbericht der Ärztin Dr. L.S. vom 20. November 2001 zu den Akten. Der um Stellungnahme gebetene ärztliche Dienst des damaligen Beklagten vertrat am 10. Dezember 2001 die Auffassung, bereits rechtliche Gesichtspunkte legten fest, dass Kinder, die das vierte Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, alleine öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen dürften. Schon deshalb sei die Anerkennung des Merkzeichens "B" bei dem erst zwei Jahre alten Kind nicht möglich. Aber auch aus medizinischer Sicht lägen keine spezifischen Funktionsstörungen vor (Orientierungsstörung, Verlust beider Hände oder großer Teile der oberen Extremitäten).
Mit Bescheid vom 08. April 2002 wies der damalige Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung war ausgeführt, dass auch bei Säuglingen und Kleinkindern bei der Beurteilung der Notwendigkeit ständiger Begleitung dieselben Kriterien maßgebend seien wie bei Erwachsenen mit gleichen gesundheitlichen Gesundheitsstörungen. Dementsprechend sei zu beachten, ob bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels notwendig sei oder bereit sein müsse und ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen erforderlich seien. Aus medizinischer Sicht seien keine spezifischen Funktionsstörungen gegeben, die die Vergabe des Merkzeichens "B" rechtfertigten.
Hiergegen hat sich die Klage vom 07. Mai 2002, beim Sozialgericht für das Saarland (SG) am 10. Mai 2002 eingegangen, gerichtet. Die Klägerin hat ursprünglich die Feststellung begehrt, dass bei ihr ein GdB von 100 sowie die Voraussetzungen für die Vergabe des Merkzeichens "B" vorliegen. Sie hat dazu geltend gemacht, es widerspreche der Logik, wenn ihr, der Klägerin, das Merkzeichen "B" verweigert werde. Aufgrund ihrer Hilflosigkeit sei sie unabhängig von ihrem Alter bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zur Vermeidung erheblicher Gefahren auf fremde Hilfe angewiesen. Sie müsse aufgrund ihrer Erkrankung ohnehin bis zur Vollendung ihres vierten Lebensjahres unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr in Anspruch nehmen. Zu diesen krankheitsbedingten Terminen müsse sie von einem Elternteil begleitet werden. Ihre Eltern besäßen keinen PKW und seien auf die Inanspruchnahme des öffentlichen Nahverkehrs angewiesen. Eine ständige behinderungsbedingte Begleitung sei erforderlich, da nur dadurch gewährleistet werden könne, dass bei einem jederzeit möglichen Hustenanfall unverzüglich sachgerecht reagiert werden könne. Ohne die Begleitung von erwachsenen Personen sei sie einer erheblichen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt. Im Übrigen liege neben der Mukoviszidose noch eine Fütter- und Gedeihstörung vor, die einen GdB von 100 rechtfertige.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Prof. Dr. D., H., vom 16. Januar 2003, das durch die am 05. März 2003 eingegangene Stellungnahme ergänzt worden ist. Der Sachverständige Prof. Dr. D. hat die Auffassung vertreten, dass ein GdB von 50 angemessen sei, aber auch das Merkzeichen "B" vergeben werden müsse. Es komme seiner Meinung nach darauf an, dass die sozialen Nachteilsausgleiche für die Klägerin so gestaltet seien, dass alle notwendigen Besuche von Therapieeinrichtungen ermöglicht werden könnten.
Mit Urteil vom 21. Juli 2003 hat das SG unter Abänderung des Bescheides vom 07. November 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2002 den Beklagten verpflichtet, der Klägerin das Merkzeichen "B" zuzuerkennen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass der Sachverständige Prof. Dr. D. in seinem Gutachten die Höhe des GdB bestätigt habe. Das Gutachten sei allerdings wenig hilfreich, soweit es um die Vergabe des Merkzeichens "B" gehe. Gleichwohl sei dieses Merkzeichen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Landessozialgerichts für das Saarland (LSG) zuzuerkennen. Der insbesondere vom Bayerischen Landessozialgericht (Bay.LSG) in seinem Urteil vom 14. August 1990 (AZ: L 15 Vs 144/89) vertretenen Auffassung, bei einem zweijährigen Kind könnten die Voraussetzungen für das Merkmal "B" nicht vorliegen, sei das LSG nicht gefolgt. Während das Bay. LSG die Auffassung vertrete, dass ein Kleinkind allein aufgrund seines Lebensalters bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sei, habe das LSG den Standpunkt vertreten, das Merkzeichen "B" könne allein wegen der atypischen, dem Lebensalter nicht naturgemäß zuzuordnenden Beeinträchtigung zuerkannt werden. Es müsse abgestellt werden auf die Angewiesenheit des Schwerbehinderten auf regelmäßig fremde Hilfe bezogen auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Dabei sei zu beachten, ob bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels notwendig sei oder bereit sein müsse oder ob Hilfe zum Ausgleich von Orientierungsstörungen erforderlichen sei. Diese Voraussetzungen habe das LSG bei einem fünfjährigen Kind mit Diabetes mellitus juvenilis als erfüllt angesehen. Dieses Kind bedürfe wegen der Gefahr eines hypoglykämischen Schocks und zur Dosierung des Insulins zur Vermeidung einer Über- und Unterzuckerung der ständigen Überwachung. Der gleiche Überwachungsbedarf bestehe aber, so das SG, auch bei der Klägerin, weil dadurch gewährleistet werden könne, dass bei dem jederzeit möglichen plötzlichen Auftreten von akuten Krankheitssymptomen unverzüglich Hilfe geleistet werde.
Gegen dieses Urteil, das dem ehemaligen Beklagten am 20. August 2003 zugestellt worden ist, hat dieser mit Schriftsatz vom 01. September 2003, am 03. September 2003 beim LSG eingegangen, Berufung eingelegt.
Der ehemalige Beklagte hat vorgetragen:
Der Beurteilung des SG, in vorliegendem Fall sei der Klägerin das Merkzeichen "B" zuzubilligen, könne nicht gefolgt werden. Zu Recht sei zwar das SG der Auffassung des Bay. LSG in dessen Urteil vom 14. August 1990 nicht gefolgt. Die darin vertretene Meinung werde weder von dem dortigen Ministerium noch von dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung oder von dem hiesigen Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales geteilt (vgl. Rundschreiben vom 08. Oktober 1991, VIb 5/55490 (-2) und Schreiben vom 28. Oktober 1991, CV/2/7100.3/7100.14/91). Obwohl das Merkzeichen "G" bei der Klägerin nicht vorliege, gehöre diese nach der Neufassung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht, herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, jetzt: Rechtsstand 2004, (AHP), zum möglichen Personenkreis, da das Merkmal "H" anerkannt worden sei. Voraussetzung für die Anerkennung des Merkzeichens "B" bei Kleinkindern sei also ausschließlich die entsprechende gesundheitliche Einschränkung. Das im erstinstanzlichen Verfahren erstellte, äußerst kurz gehaltene Gutachten von Prof. Dr. D. sei in diesem Zusammenhang, wie bereits das SG in seinem Urteil ausgeführt habe, wenig hilfreich. Die Auffassung, es liege ein vergleichbarer Fall wie bei einem fünfjährigen Kind mit Diabetes mellitus juvenilis vor, könne nicht geteilt werden. Die Gewährung des Merkzeichens "B" bei drohender Hypoglykämie sei ein medizinischer Sachverhalt, der plötzlich und unerwartet bei einem labilen Diabetes mellitus auftreten könne. Dann bestehe selbstverständlich ein schneller Hilfebedarf und gegebenenfalls auch eine Orientierungslosigkeit der betroffenen kranken Person. Der Hilfebedarf bei Mukoviszidose sei allerdings durch andere Lebensumstände gekennzeichnet. Eine besondere Zuwendung sei in regelmäßiger Folge des Tagesablaufes durch Inhalation und Durchführung bestimmter Massageübungen erforderlich. Diese Hilfsmaßnahmen würden aber nicht während eines Transportes durchgeführt und seien dann auch nicht notwendig. Es bestehe bei Kleinkindern nicht die Gefahr einer plötzlichen Orientierungslosigkeit durch eintretenden Bewusstseinsverlust, wie er bei labilen Diabetikern eintreten könne.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 21. Juli 2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin, die im April 2004 in den Zuständigkeitsbereich des jetzigen Beklagten gezogen ist, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Prof. Dr. K., ehemaliger Direktor der Landeskinderklinik N.- K., akademisches Lehrkrankenhaus, N., vom 27. April 2004 zu der Frage, ob bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Vergabe des Merkzeichens "B" gegeben sind. Wegen des Ergebnisses des Gutachtens wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des sonstigen Verfahrensganges wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Es wird auch Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Beklagten mit dem AZ: X.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat in dem angegriffenen Urteil vom 21. Juli 2003 zu Recht festgestellt, dass bei der Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Vergabe des Merkzeichens "B" vorliegen und deshalb der angefochtene Bescheid vom 07. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2002 insoweit zu ändern ist.
Gegenstand der Berufung ist indes nicht die Frage, ob die ursprünglich erhobene Klage, soweit sie auf die Feststellung eines höheren GdB gerichtet war, zulässig war. Die Widerspruchsbegründung gegen den Bescheid vom 07. November 2001 beschränkte sich auf das Merkzeichen "B". Der Widerspruchsbescheid vom 08. April 2002 wies den Widerspruch zwar als unbegründet zurück, setzte sich inhaltlich allerdings nur mit den Voraussetzungen für die Vergabe des Merkzeichens "B" auseinander. Das SG hat aber gleichwohl in seinem Urteil vom 21. Juli 2003 Feststellungen darüber getroffen, welche Höhe des GdB angemessen ist. Dies ist auch sachgerecht, da im Zweifel anzunehmen ist, dass mit der Einlegung des Widerspruchs eine Überprüfung im vollen Umfang gewollt ist. Selbst die Beschränkung der Begründung auf einzelne Teile ist kein ausreichender Anhalt für eine Beschränkung des eingelegten Widerspruchs (vgl. zur Problematik: Bundessozialgericht (BSG), Die soziale Sicherheit (SozSich) 1979, Seite 185).
Dies kann indes offen bleiben, da Gegenstand der Berufung nur ist, ob bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Vergabe des Merkzeichens "B" vorliegen.
Nachdem die Klägerin im April 2004 mit ihren Eltern nach O.M. umgezogen ist, ist nach § 3 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung ein Zuständigkeitswechsel bei den Versorgungsämtern eingetreten. Nunmehr zuständig ist das Land Hessen, vertreten durch den Regierungspräsidenten des Regierungspräsidiums Gießen.
In der Sache steht nach Einholung des Gutachtens des Prof. Dr. K. zur Überzeugung des Senates fest, dass bei der Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "B" vorliegen.
Sind nach § 69 Abs. 4 des 9. Buchs des Sozialgesetzbuchs - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) neben dem Vorliegen einer Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen im Verfahren nach Absatz 1. Nach § 69 Abs. 5 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden aufgrund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den GdB sowie im Falle des Absatzes 4 über weitere gesundheitliche Merkmale aus.
Ziffer 32 Abs. 1 AHP sieht dazu vor, dass auch bei Säuglingen und Kleinkindern die gutachtliche Beurteilung der Notwendigkeit ständiger Begleitung erforderlich ist. Für die Beurteilung sind dieselben Kriterien wie bei Erwachsenen mit gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend. Es ist nicht zu prüfen, ob tatsächlich diesbezüglich behinderungsbedingte Nachteile vorliegen oder behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstehen.
Nach Ziffer 32 Abs. 2 Satz 1 AHP und § 146 Abs. 2 SGB IX ist ständige Begleitung bei schwerbehinderten Menschen (bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen "G" oder "H" vorliegen) notwendig, die infolge ihrer Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind.
Dementsprechend ist nach Ziffer 32 Abs. 2 Satz 2 AHP zu beachten, ob bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels notwendig ist oder bereit sein muss oder ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z.B. bei Sehbehinderungen, geistiger Behinderung) erforderlich sind. Nach Ziffer 32 Abs. 3 AHP ist die Notwendigkeit ständiger Begleitung anzunehmen bei Querschnittsgelähmten, Ohnhändern, Blinden und den in Nr. 30 Abs. 4 und 5 genannten geistig behinderten Menschen und Anfallskranken, bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist.
Nach Durchführung der Beweisaufnahme durch Einholung des Sachverständigengutachtens Prof. Dr. K. ist der Senat davon überzeugt, dass bei der Klägerin diese Voraussetzungen zu bejahen sind. Bei der Klägerin, bei der gemäß Ziffer 32 Abs. 2 AHP das Merkzeichen "H" vorliegt, ist eine ständige Begleitung notwendig, da sie infolge ihrer Behinderung, der Mukoviszidose, zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen ist.
Auch von dem Beklagten selbst wird nicht mehr die ursprüngliche Argumentation aufrechterhalten, wie noch vom Bay. LSG im Urteil vom 14. August 1990 vertreten (AZ: L 15 Vs 144/89), dass bei einem Kind unter vier Jahren die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "B" nicht möglich sei. Wie das BSG in seinem Urteil vom 12. Februar 1997 ausdrücklich klargestellt hat (AZ: 9 RVs 1/95) und was sich auch aus Ziffer 32 AHP ergibt, hängt die Zuerkennung der Merkzeichen "G", "aG" und "B" nicht von der Vollendung eines bestimmten Lebensjahres ab. Die Voraussetzungen dieser Nachteilsausgleiche könnten auch bei behinderten Säuglingen und Kleinkindern vorliegen, und zwar selbst dann, wenn deren Behinderung nicht zu Nachteilen gegenüber gleichaltrigen gesunden Kindern führt. Denn Maßstab für diese Merkzeichen sei ausnahmsweise nicht der Vergleich mit gleichaltrigen Nichtbehinderten. Vielmehr komme es darauf an, ob die festgestellten Gesundheitsstörungen bei Erwachsenen die Zuerkennung der genannten Nachteilsausgleiche rechtfertigen würden. Diese Besonderheit stehe im Zusammenhang mit der Abschaffung der Mindestaltersgrenze von sechs Jahren für den Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr, die gesetzlich vorgeschrieben gewesen sei. Bei der Einbeziehung des Rechts der unentgeltlichen Personenbeförderung in das Schwerbehindertengesetz habe der Regierungsentwurf zunächst eine Altersgrenze von vier Jahren vorgesehen. Sie sei jedoch auf Vorschlag des 11. Ausschusses gestrichen worden (vgl. Bundestagsdrucksache 8/2696, Seite 5 und 17). Diese Rechtsentwicklung habe dazu geführt, dass bei den mit der Fortbewegung zusammenhängenden Merkzeichen "G", "aG" und "B" für ausreichend gehalten werde, wenn eine bestimmte Gesundheitsstörung die entsprechenden Funktionen eines erwachsenen Behinderten im erforderlichen Ausmaß beeinträchtigen würde. Dieser Maßstab erscheine auch unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, dass bei der Beförderung von behinderten Säuglingen und Kleinkindern in öffentlichen Verkehrsmitteln behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstehen könnten, ohne dass dies im Einzelfall zutreffen müsse (vgl. zur Problematik so auch bereits LSG, Urteil vom 25. August 1994, L 1/2 Vs 15/94).
Es kommt also vorliegend bei der Prüfung darauf an, ob die festgestellte Gesundheitsstörung, die Mukoviszidose, bei Erwachsenen die Zuerkennung des genannten Nachteilsausgleichs rechtfertigen würde. Das ist dann der Fall, wenn auch ein Erwachsener mit dieser Gesundheitsstörung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen wäre oder wenn Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen erforderlich wären. Die Klägerin fällt zwar nicht unter Regelbeispiele Querschnittsgelähmter, Ohnhänder oder Blinder nach Ziffer 32 Abs. 3 AHP. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Professor Dr. K. ist die Schlussfolgerung gerechtfertigt, die Klägerin einer Anfallskranken, bei der die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr geboten ist, gleichzusetzen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten festgestellt, dass während der ambulanten Untersuchung der Klägerin diese von zwei Hustenattacken heimgesucht worden sei, darunter eine mit neun Hustenstößen und Zyanose. Diese Feststellung rechtfertigt nach Auffassung des Senats durchaus die Notwendigkeit ständiger Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Nach dem Zweck der Vorschrift, bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel infolge der Behinderung bestehende Gefahren zu vermeiden, kann die durch die Gesundheitsstörung begründende Möglichkeit des Eintritts eines schädigenden Ereignisses, hier etwa der erneute Auftritt einer Hustenattacke, verbunden mit einer Blaufärbung, durch die Anwesenheit einer Begleitperson ausgeschlossen oder verringert werden. Selbst bei einer erwachsenen Person mit einer entsprechenden Gesundheitsstörung würde eine Hustenattacke mit einer Blaufärbung während der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu einer Orientierungslosigkeit führen, die eine Hilfe Dritter erforderlich machen würde.
Zwar ist in der Rechtsprechung zuweilen auch gefordert worden, dass bei der Notwendigkeit ständiger Begleitung neben dem Element der Regelmäßigkeit als weitere Voraussetzung auch ein Element der Dauer vorliegt (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. Oktober 1996, AZ: L 4 Vs 145/95).
Nach den Erklärungen des Vaters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist der Senat indes davon überzeugt, dass auch diese beiden Voraussetzungen vorliegend zu bejahen sind. Der Vater der Klägerin hat nämlich ausgeführt, dass die Hustenattacken plötzlich und nicht anlassbezogen auftreten würden, zuweilen bis zu sechsmal am Tag. Die dann zu leistende Hilfe müsse individuell eingeschätzt werden, zuweilen genüge Inhalation, im schlimmsten Falle bedürfe es einer Behandlung im Krankenhaus. Bei dieser Häufigkeit und mitunter Schwere der Hustenattacken steht für den Senat außer Zweifel, dass sowohl das Kriterium der Regelmäßigkeit als auch das der Dauer gegeben ist. Es handelt sich gerade nicht um vereinzelte, mitunter auch vorhersehbare Anfälle, die dem Sachverhalt des Urteils des LSG Rheinland-Pfalz zugrunde lagen. Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.